Kirche Zweisimmen

Reformierte Kirche, ehem. St. Maria

Die Kirche steht leicht erhöht auf kleiner Terrasse über dem Dorf und ist ein stattlicher Bau mit bedeutender spätgotischer Ausstattung.

Schiff und Chor wurden im 13./14. Jh. unter Einbezug einer kleineren Vorgängerkirche erbaut; spätgotische Umbauten. Der massige Chorscheitelturm datiert aus dem 14./15. Jh. und besitzt ein Dach in Spitzhelm-Form.
Gesamtrestaurierung. 1947–58, Turmrestaurierung 1985.
Zugang zum Kirchhof über eine steile gedeckte Holztreppe von der Kirchgasse aus. Die niedrigen Baukörper von Chor und Schiff sindweitgehend vereinheitlicht und besitzen ein durchlaufendes Satteldach. Stichbogenfenster des Schiffs stammen wohl aus dem 16. und 19. Jh. In der Vorhalle an der West-Fassade grossflächige Wandmalereien um 1500: Hl. Christophorus, Verkündigung, heiliger Georg im Kampf mit dem Drachen.

Im Inneren ein geräumiges Kirchenschiff, vom Chor durch den 1843 vergrösserten Chorbogen getrennt. Stumpfwinklig gebrochenes Deckentäfer, seitlich abgeschrägt und an der Wand heruntergezogen, signiert und datiert von Konrad Illung 1456, restauriert 1978. Breiter, rechteckiger Chor, die S-Hälfte als unregelmässiges Polygon nach dem 15. Jh. dem bestehenden Rechteckchor zugefügt. Schlichtes Masswerk. Holztonne um 1500, Schild als Lünette mit Masswerkrosette ausgebildet. Sakramentshäuschen und Rundbogennische aus rötlich gefärbtem Stuckmörtel datiert aus dem späten 13. Jh.

Sehr schöne Wandmalereien, Vollständige Ausmalung im späten 15. Jh. nach umfassendem, streng aufgebautem Bildprogramm. Im Schiff an allen drei Wänden zwei Reihen von Bildfeldern einheitlicher Grösse, getrennt durch schablonierte Ornamente.
Süd-Seite: obere Reihe Zyklus Marienleben, untere Reihe vorbereiteter, jedoch nicht ausgeführter Zyklus über Jugend Christi.
Nord-Seite: Passion und Auferstehung Christi 4. V. 15. Jh.; erzählfreudige graphische Gestaltung, ausgeführt wohl nach Kupferstichen. Konstruktion von Innenräumen, tiefe Landschaften mit hohem Horizont; Figuren realistisch mit lebhaft sprechenden Gebärden. Passionszyklus differenzierter als Darstellungen des Marienlebens. Die Maler beider Zyklen den Nelkenmeistern verwandt. 
West-Wand: Giebelfeld, Marienkrönung, flankiert von Heiligen, Ende des 15. Jh. Chormalereien um 1500: an der N-Wand sechs Aposte.
O-Wand: Über der Sakramentsnische Engel.

Glasmalereien im Chor: Mittelfenster heiliger Vinzenz, neugotischer Stil. Bernische Standesscheibe von 1522; im Masswerk Rundscheibe mit Mond. In den seitlichen Fenstern beachtliche Scheiben, entstanden 1470 unter dem Eindruck der Chorverglasung im Berner Münster: links Johannes d. T. und heiliger Bischof, darunter in Rundscheibe Engel mit Wappen, rechts Maria mit Kind und Kreuzigung; beide Scheiben stark erneuert; im Masswerk Rundscheibe mit Sonne aus dem 16. Jh.
Im Schiff vier Schliffscheiben von Christian Rubi, 1958. Holz-Kanzel von 1838, Taufstein um 1600. Die Glocken aus den Jahren 1431, 1436, 1500.

Daniel Rindlisbacher

Quellen:
Kunstführer durch die Schweiz – Band 3 – 1. Auflage
© 2006 Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte