Statthalter Bühler in Boltigen war ein Mann von ganz ungewöhnlicher Körperstärke. Im Streit mit andern wagte er es nie, mit der Faust zu schlagen, aus Furcht, er könnte seinen Gegner totschlagen. Er umfasste ihn daher mit den Armen und drückte ihn mit solcher Gewalt gegen seine Brust, dass er atem- und kraftlos sich ergeben musste und den Streit nicht weiter fortzusetzen begehrte. Einst aber bekam er Streit mit einem ebenfalls riesenstarken Manne, einem Freiburger. Als beide voller Wut im Begriffe waren, aufeinander los zu gehen, stellten sich die Leute, von denen die Stube voll war, zwischen ihn und seinen Gegner und einer rief: „Lasst sie nicht zusammen, sonst gibt’s ein Unglück. Aber Bühler mähte mit seinen Armen die Leute zu Boden, wie ein Schnitter das Gras und war im Begriff, den Gegner zu packen. Aber im gleichen Augenblick stand ein schöner, ehrwürdiger, weiss gekleideter Mann vor ihm, der ihn mit solcher Gewalt zurückdrängte, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Ein gleiches geschah auch dem Gegner, der aber wohl die unwiderstehliche Kraft fühlte, aber nicht sah, woher sie kam. Was aber fast noch merkwürdiger war, im gleichen Augenblick war auch ihre Zanksucht verschwunden. Niemand in der Stube ausser Bühler wollte einen solchen Unbekannten als Friedensstifter gesehen haben. Sicher wäre einer von uns auf dem Platze geblieben, meinte Bühler und noch in seinen alten Tagen, als ihn einmal ein Freund fragte, ob ihm nie im Leben etwas Merkwürdiges begegnet sei, erzählte er ihm diese Geschichte als das Allermerkwürdigste, was ihm je im Leben begegnet sei und das er als ungelöstes Rätsel mit ins Grab nehme.